Warum ich nicht schreiben kann? Die Welt überwältigt mich viel zu sehr! Jedes Schreiben wäre ein Versuch, sie in ein paar Zeilen zu erklären. Jedes Schreiben ist ein Schneiden der Welt. Ich schneide die Sachen heraus, die ich für unwichtig halte und lasse ein paar Sachen übrig, die die Welt repräsentieren sollen. Schreiben ist kein Prozess, bei dem Buchstaben auf ein leeres Blatt Papier platziert werden, Schreiben ist ein Prozess, bei denen aus allen möglichen Worten auf allen möglichen Sprachen fast alle rausgekürzt werden. Das Kürzen der Welt setzt schon in jenem Moment ein, in dem man sich für das Schreiben entscheidet, da man die Welt auf Geschriebenes reduzieren will und sie nicht so lässt, wie sie ist. Und diese Verantwortung soll ich tragen?
Diese Gedanken, in denen einem bewusst wird, dass man durch das Schreiben nichts in seiner Ganzheit darstellen kann (nicht nur durch das Schreiben, man kann nichts in seiner Gesamtheit überhaupt darstellen), diese Gedanken führen zu einer Schreibblockade. Jeder der schreibt ist arrogant, er meint, die Welt darstellen zu können, er meint, sie den Lesern oder sich selber durch einen geschickt konstruierten Filter verständlich machen zu können. Tja, diese Arroganz braucht man wohl.
Geplagt von solchen Problemen, fängt man am besten mit der Lyrik an. Durch ihre Ungrammatikalität, durch ihre bruchstückhaften Sätze impliziert sie, dass vieles weggelassen wird, was dazugehört und dass nur zufällig ausgewählte Aspekte beschrieben werden. Die scheinbare Zufälligkeit entsteht durch Faktoren wie Reim, Klang, Rythmus, Melodie, von denen doch in jedem Gedicht ein kleiner Teil steckt, auch in den modernsten. Da der Dichter sich auch auf diese Faktoren konzentriert und nicht nur auf den Inhalt, werden die Worte die er benutzt (oder übrig lässt ;-)) nicht nur nach dem Kriterium der perfekten Wahrheit ausgesucht, sondern etwas niederere Motive tragen auch dazu bei. Dadurch geht den Gedichten ein wenig der Anspruch abhanden, die Welt in ihrer Ganzheit darzustellen, und das macht sie nicht nur angenehmer zu schreiben, sondern auch zu lesen.
Auf gehts Leute, schreibt Gedichte!